Stadt, arm, mobil?
Wir stellen Ergebnisse vor!
Wir stellen Ergebnisse vor!
Mit interaktiven Karten beschreiben wir den Mobilitätsalltag von Menschen in Armut
Für unser Projekt haben wir 40 Interviews mit „Hartz IV“-Empfänger*innen geführt. Die Grundlage waren Wegetagebücher, die die Personen für uns ausgefüllt hatten. Mit diesem Einstieg konnten wir den Mobilitätsalltag der Betroffenen ergründen. Dabei ging es nicht einfach darum, uns „Geschichten zu erzählen“ zu lassen – sondern die Perspektive der Befragten nachzuvollziehen. Auch wollten wir Regelmäßigkeiten, Muster, Typologien zu entdecken und erklärende Ansätze für diese formulieren.
Von der Person zur Typologie
Darum beschreiben wir unsere Ergebnisse nicht anhand der einzelnen Person, sondern präsentieren eine Typologie der Armut, die über den Einzelfall hinausgeht und bestehende Typologien erweitert1. Als Typologie verstehen wir eine Gruppierung der Befragten, die auf verschiedenen Merkmalen basiert2. Das Besondere an unserem Projekt ist, dass wir Ergebnisse aus verschiedenen Forschungsansätzen zusammenführen. Dazu zählen die Erzählungen aus den qualitativen Interviews genau so wie die kartographische Darstellungen der Wegetagbücher und des Verkehrsangebots im Wohnumfeld der Befragten.
Die Wegetagebücher und qualitative Textsegmente haben wir in einer Karte in Bezug gesetzt: Wenn eine interviewte Person erzählte, dass sie sich wie „in einem Käfig gefangen“ fühlt, war es für uns interessant, ob sich das auch im Aktionsradius auf einer Karte ablesen lässt. Außerdem wollten wir wissen, ob es anderen Betroffenen auch so geht. Mit der Karte konnten wir die geschilderten Probleme genau räumlich verorten – und sogar verschiedene Typen unterscheiden. Die Typen haben wir in zwei Faktenblättern zusammengefasst, die es hier zum Download gibt.
stadtarmmobil: Vier interaktive Geschichten und Webkarten über „Mobilitätsarmut“
Um unsere Ergebnisse greifbar zu machen, haben wir sie in die Form von Geschichten gegossen: Auf stadtarmmobil.de präsentieren wir vier Personen, die unterschiedliche Mobilitätstypen repräsentieren. Anja, Katja, Peter und Daniela nehmen uns mit in ihren Alltag und berichten von Problemen mit der Mobilität.
Die Geschichten haben wir eng an unserem Interviewmaterial entwickelt. In Anlehnung an die Methode der Ethnofiktion3 erzählen wir Geschichten, die Dokumentarisches und Fiktives vermischen. Die vorgestellten Personen sind also nicht real, sondern stellen eine Collage aus vielen Interviews dar.
In interaktiven Karten können Sie jede Geschichte räumlich nachvollziehen: Per Klick lassen sich Wegeziele und Informationen einblenden. Durch diese gewählte Präsentation möchten wir die Sie animieren, den Mobilitätsalltag von Einkommensarmen eigenständig zu entdecken. Sie soll auch dazu verführen, über mögliche Lösungen nachzudenken, wie der Mobilitätsalltag der vorgestellten Personen zum Positiven verändert werden könnte.
Eindrücke von stadtarmmobil.de
stadtarmmobil ist ein Ergebnis von vielen
Mit stadtarmmobil bereiten wir unsere Kernergebnisse „häppchenweise“ auf. Parallel arbeiten wir an einem Endbericht in Buchform, in dem wir die Auswertung und die Mobilitätstypen ausführlich beschreiben.
Bis der Endbericht erscheint, laden wir Sie herzlich ein, unsere Ergebnisse zu erkunden:
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet für integrierte Verkehrsplanung an der TU Berlin. Bearbeiter des Projekts MobileInclusion. Leidenschaftlicher Wanderer.
Arbeitsschwerpunkte: Qualitative Analysen sozialer Ausgrenzung. Entwicklung von Strategien und Maßnahmen.
- Daubitz, Stephan (2013): Mobilitätsalltag von Einkommensarmen im städtischen Raum. In: Oliver Schwedes (Hg.): Räumliche Mobilität in der zweiten Moderne. Freiheit und Zwang bei Standortwahl und Verkehrsverhalten. Münster: LIT (Mobilität und Gesellschaft, 3), S. 113–133. ↵
- Kelle, Udo; Kluge, Susann (1999): Vom Einzelfall zum Typus. Fallvergleich und Fallkontrastierung in der qualitativen Sozialforschung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften (Qualitative Sozialforschung, 4). ↵
- VanSlyke-Briggs, Kjersti (2009): „Betrachten Sie Ethnofiction“. Ethnographie und Bildung. 4 (3): 335–345. doi:10.1080/17457820903170143 ISSN 1745-7823.
McNamara, Patricia (2009): „Feminist Ethnography: Storytelling that Makes a Difference“. Qualitative Soziale Arbeit. 8 (2): 161–177. doi:10.1177/1473325009103373 ISSN 1473-3250.
Bochner, Arthur P. (2012): „On First-Person narrative scholarship: Autoethnography as acts of meaning“. Narrative Inquiry. 22 (1): 155–164. doi:10.1075/ni.22.1.10boc ISSN 1387-6740.
Augé, Marc; Bischoff, Michael (2012): Tagebuch eines Obdachlosen. Ethnofiktion. München: C.H. Beck (Beck’sche Reihe, 6020). ↵